Die Rosa-Luxemburg-Stiftung gründet einen Gesprächskreis Kultur
Er kann ja nicht überall sein. Gregor Gysi war natürlich nicht bei dieser Veranstaltung mit dem Titel "Eröffnung des Gesprächskreises Kultur der Rosa-Luxemburg-Stiftung", mit der ein Versuch gemacht werden sollte, dem Thema einen höheren Stellenwert in der Partei "Die Linke" zu verschaffen. Aber seine Äußerung war präsent: Die Kultur gehöre nicht zum Markenkern der Linken. Und zwar solange die soziale Frage nicht geklärt sei. Stirnrunzeln und Zweifel bei den Jüngerinnen und Jüngern. Wie hat er das gemeint? Hat er das gemeint, was er gesagt hat? Haben wir es nicht verstanden? Wollte er ein Zeichen geben? Ehrlich gesagt, das hätten viele andere in jeder anderen Partei auch sagen können. Kultur spielt in allen Parteien in der Regel eher eine Nebenrolle.

Aber eigentlich ging es ja um mehr, um die Frage: Was ist und was bedeutet eigentlich Kultur für eine linke Partei? Hierzu gab es zwei sehr unterschiedliche Teilveranstaltungen: Am ersten Tag wurde präsentiert, was sie sich unter Kultur vorstellt: möglichst viel und wenig zueinander Passendes und was inhaltlich mit dem Fazit beschrieben werden kann: Künstlerinnen und Künstler sind arm und man muss sich gegen den Kulturabbau wehren. Soweit, so richtig. Aber auch zu kurz gegriffen.
Der zweite Tag - von den Kulturleuten bestimmt - kam dann der Sache näher. Dietrich Mühlberg - sozusagen die personifizierte Kulturwissenschaft - führte zunächst ein in den Kulturbegriff der Linken und begann mit in dessen historischen Entwicklung: vom Aufschauen der jungen Sozialdemokratie zur bürgerlichen Klasse zur Forderung "Kunst dem Volke", vom kulturellen Antrieb für die soziale Frage über die Spaltung der Sozialdemokratie hin zu den Anläufen und zum Scheitern einer Kulturrevolution in der Sowjetunion.

Ein weiteres Thema war die Frage, ob sich Linke mit der Massenkultur auseinandersetzen sollte, die in der Vergangenheit immer wieder von links als manipulativ und damit als schädlich angesehen wurde. Ja meint Kaspar Maase, der seit langem über dieses Thema arbeitet. Es gehe um "mehr und qualitativ bessere populäre Kultur". Schließlich würden die Menschen im Schnitt täglich mehrere Stunden vor dem TV sitzen und man können heute schon eine erhebliche Zunahme von Qualität gegenüber früherer Produktion erkennen. Über Beeinflussung müsse man indes im Bereich der Informationsmedien reden, denn hier erscheine das Mitgeteilte quasi 1 : 1 als die Wirklichkeit.
Die Veranstaltung war als Einstieg in eine längerfristige Beschäftigung gedacht. Wenn das Projekt Erfolg hat, dann könnte auch Gregor Gysi erkennen, dass Kultur und soziale Wirklichkeit sich ganz nett im Markenkern treffen könnten.